Als Werbeberater in der Harburger Industrie

Teil 2: Bei der HOBUM

Text: Jürgen Burkhart
Erinnert und veröffentlicht: August 2015

(1) Das Gesicht der Hobum: Der markante Schornstein und die Speicherfront mit Hebezeug für Säcke und Sauggut

Schon vor der Zusammenarbeit mit den Vereinigten Jute Spinnereien und Webereien Harburg um 1957 hatte mein Chef, der Hamburger Werbe- und Verkaufsberater Carl-Heinz Griese, einen Werbeberatungsvertrag mit HOBUM, Harburger Oelwerke Brinckman & Mergell. In meiner Volontärzeit durfte ich unseren Atelierleiter Heiner Rietze, Studienkollege des bekannten Hamburger Reklamemalers Walter Stiller in den 1930ern, zu den Besprechungen begleiten.

Da damals keiner von uns Führerschein oder gar ein Auto besaß, fuhren wir über die Lange Reihe mit der Straßenbahn zum Hauptbahnhof, von dort mit dem Dampfzug nach Harburg und vom Bahnhof Harburg aus mit der Taxe zum HOBUM-Werk, von weitem schon an den hohen beschrifteten Schornsteinen zu erkennen.

Gesprächspartner während der gesamten Beratungszeit bis Ende der 1960er Jahre war der Verkaufsleiter Herr Wegener. Bei besonders wichtigen Besprechungen war auch der Prokurist Herr Lüdecke dabei. Für den Beratungsbereich „Bakrema“ und „Corona“ hatten beide Herren vollverantwortliche Entscheidungsfreiheit. Den Chefs, Herrn Brinckman und Herrn Mergell jun., begegneten wir nur durch Zufall. Ende der 1950er war ich dann allein für die Beratung zuständig, zumal Heiner Rietze sich dann ganz auf das Atelier konzentrieren konnte.

Das Aufgabengebiet war ausgerichtet auf die Werbung für die Marke „Bakrema“, ein hochwertiges Brat- und Backfett für Restaurants, Gaststätten, Konditoreien und Bäckereien. In großformatigen Anzeigen in überregionalen Fachzeitschriften stand das Logo „Bakrema“ immer markant im Mittelpunkt, flankiert von den wichtigsten Argumenten.

 

        

(2) Oben: Diese Marke versprach den Küchenchefs und Bäckern Qualitätsware. Unten: So sah (und sieht noch immer!) das Hobum-Fett als no-name-Produkt aus: im 10 kg Block für den industriellen Abnehmer

 

Viele Anzeigen der Konkurrenz in den Fachzeitschriften zeigten damals Köche und Konditoren mit ihren großen weißen Mützen. Davon wollten wir uns abheben, um die Marke „Bakrema“ unverwechselbar und unübersehbar zu präsentieren.

Der „alte Griese“, der schlaue Werbefuchs mit seiner langen Erfahrung, sagte eines Tages zu mir: “Ich habe heute Nacht eine gute Idee gehabt. Weil alle Köche und Konditoren in Arbeitskleidung an ihrem Arbeitsplatz zeigen, müssen wir überlegen, wie wir das Thema „Bakrema“ in den privaten Bereich der Anwender ´rüberbringen können, z.B. „ein Gespräch am Stammtisch“ oder so.

Daraus entstand dann eine tolle, viel beachtete Anzeigenserie mit ganzseitigen Motiven, wie „Gespräch über`n Gartenzaun, … an der Bar, … im Urlaub, … beim Sport, … auf der Tagung, … beim Jahresfest etc.“. Wo immer sich Fachkollegen – auch durch Zufall – mal treffen, wird irgendwann auch über den Beruf gesprochen, und irgendwann – jedenfalls in unseren Anzeigen – fällt auch der Markenname „Bakrema“. Das Ergebnis der einprägsamen Herausstellung der Marke: An „Bakrema“ kommt eben keiner mehr vorbei!

Ein freier Mitarbeiter – Karl Bertheau – Grafiker für Modezeichnungen – hat dann die Motive nach meinen Rohskizzen und Textvorgaben gezeichnet, Köche und Konditoren im privaten Umfeld, alles tolle Typen in Freizeitkleidung, im Anzug, im Smoking etc. Das war damals eine vielbeachtete und erfolgreiche „Bakrema“ Werbung, sogar mit direkter lobender Resonanz aus den Kreisen der Köche und Konditoren.

Zur weiteren wichtigen Marken-Unterstützung erhielten die „Bakrema“-Kunden, auch über Anzeigen-Coupons, ein bebildertes Heft mit Rezepten, die in der HOBUM-Versuchsküche/ Konditorei erarbeitet wurden. Die Fotoarbeiten hierfür bei der HOBUM waren für mich und ein Fotografenteam immer nahrhafte Tage, wenn in der Küche Schlag auf Schlag die frischzubereiteten Gerichte und Torten dekorativ und zügig fotografiert werden mussten. Danach hieß es dann immer: „Greifen Sie doch zu bevor es kalt wird, guten Appetit!“

„Corona“, die zweite bekannte HOBUM-Marke, lief, soweit ich mich erinnere, über eine andere Angebots-/Verkaufsschiene und wurde nur sporadisch beworben.

Bis weit in die 1960er Jahre dauerte die vertrauensvolle und erfolgreiche Zusammenarbeit mit HOBUM. Wenn ich heute nach über 50 Jahren an dem HOBUM-Standort vorbeifahre, denke ich noch gern an die Zeit zurück, als ich von der Hauptstraße aus durch eine von einem Schrankenwärter bediente Bahnschranke zum großen HOBUM-Gelände gefahren bin.

Nachtrag zur Hobum:

Jürgen Burkharts Bericht dokumentiert die Verlockungen, die für die Industrie von der Produktmarkenbildung ausgingen. Klassischerweise produzierte die Hobum Fette und Öle als no-name-Grundstoffe für die Nahrungsmittel- und Chemieindustrie. Gleiches galt z. B. auch für die benachbarte Konkurrenzfirma Noblee und Thörl, die u.a. synthetische ("gehärtete") Backfette für die Keksfabrik Bahlsen in Hannover herstellte. Im Markengeschäft für gewerbliche Kunden oder gar für Endverbraucher waren dagegen wesentlich bessere Gewinnmargen zu realisieren. Die Hobum stieg damals mit Bakrema und Corona in dieses Geschäft ein. Die no-name-Produkte bekamen ein Markengesicht. Ich erinnere mich, dass es kurzfristig sogar Delikatess-Fertiggerichte in Dosen mit der Marke Hobum gab, in Konkurrenz zu Jensen und dem damaligen Marktführer Lacroix. Das war damals die große Zeit der Mockturtle-Suppe.

(3) Die Handelsmarken der Hobum für die mittelständische Kundschaft in ihrer heutigen Gestalt.

Ebenso wie das no-name-Produkt "Planzenfett Spezial" wird auch Bakrema noch heute in der Harburger Hobum hergestellt, letzteres allerdings weitergeführt in den Spezialproduktmarken Likrema (Brat- und Backfett) und Frimax (Back- und Frittierfett). Die Mühen des Marketing hat sich der Industriebetrieb inzwischen vom Hals geschafft: Markenbildung und Vertrieb organisiert heute ein Kooperationspartner, der niederländische Konzern Vandemoortele.

Zu Heiner Rietze und Walter Stiller folgt demnächst ein eigenständiger Text: Spannende Persönlichkeiten!

Hier zum Abschluss ein zeitgenössischer PR-Text:

"Fett ist nicht gleich Fett. Wer neben dem Geschmack auch auf seine Gesundheit bedacht ist, der weiß, daß ungehärtete Pflanzenfette für die Zubereitung von Speisen unerläßlich sind. Zum Beispiel das von den Harburger Ölwerken Brinckman & Mergell, Harburg, Seehafenstr. 2, Postfach 62, Ruf 771141, hergestellte BAKREMA, das diese Forderung hundertprozentig erfüllt. BAKREMA ist besonders als Friteusen-Fett geeignet, weil es einen hohen Rauchpunkt bat, völlig neutral im Geschmack ist und einen hohen Gehalt an Vitamin E und essentiellen Fettsäuren aufweist. Mit einer Fettfüllung können zur gleichen Zeit oder hintereinander Fleisch- und Fischspeisen, Kartoffeln, Krapfen usw. fertiggestellt werden. Nicht zuletzt hat sich BAKREMA bei der Zubereitung von Tiefkühlkost hervorragend bewährt." Hamburger Abendblatt v. 11.5.1967.

cg

 

Bildnachweis

(1) Harburger Oelwerke Brinckman & Mergell, Harburg 1956

(2) Branchenbuch Hamburg 1958; https://www.amazon.de/Hobum-Pflanzenfett-spezial-ungehärtet-10kg/dp/B00FUYOVD8, 15.8.2015

(3) www.vandemoortele.de, 18.8.2015.

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